Sonntag, 11. Mai 2014

Unverdächtige Zeugen - Die Nazis über den Widerstand des Klerus und der Katholiken


Die Nazis äußerten sich schon früh nach der Machtergreifung missmutig über die ablehnende Haltung weiter katholischer Kreise. Der Historiker Dieter Albrecht schreibt im Vorwort zu Helmut Witetscheks Buch „Die kirchliche Lage in Bayern 1933-43, I, Oberbayern“, dass die darin veröffentlichten Berichte von Regierungspräsidenten und Polizei die „fortdauernde Existenz einer religiös fundierten Volksopposition“ belegen.

Bereits am 23. August 1933 ergeht ein Schreiben der NSDAP-Gauleitung Berlins an Adolf Hitler, in dem Folgendes berichtet wird:

Einen geschlossenen Block deutscher Volksgenossen, die innerlich unserer Bewegung noch ablehnend gegenüberstehen, bildet der größte Teil der früheren Zentrumskatholiken. Deren Führer, die Geistlichen, sind, abgesehen von einer kleinen Minderheit, uns immer noch feindlich gesinnt…Diese gewollte Passivität ist die Ursache, dass heute noch ein sehr großer Teil der katholischen Bevölkerung in der nationalsozialistischen Bewegung den Feind der katholischen Kirche sieht.

Es wird weiter beklagt, dass diesbezüglich von Seiten der Kirche eine „erlösende Tat“ fehle und diese von der höheren Geistlichkeit nicht zu erwarten sei.

Hitler selbst äußerte sich am 16. November 1936 gegenüber dem Führer der niederländischen Nationalsozialisten, Anton Mussert, der ihn um Hilfe gegen das Auftreten der niederländischen Bischöfe gegen seine Bewegung bat, dass er zwar nie den Kampf gesucht habe, die Kirche aber immer Widerstand geleistet habe. Überall in Europa bekämpfe sie die nationalen Bewegungen.

Auch die „Lageberichte“, die an höhere Regierungsautoritäten und Parteifunktionäre gerichtet waren und vom Reichsführer SS, Heinrich Himmler, ausgingen, wissen vom katholischen Widerstand zu berichten. Da heißt es: „So kommt es auf jedem Gebiete, wo der Nationalsozialismus mit dem Rassengedanken ernst macht, zu Angriffen von katholischer Seite.“ Auch wird der katholischen Kirche „Kampf gegen das Sterilisierungsgesetz“ und „Eintreten für das Judentum“ vorgeworfen. Schließlich heißt es, dass die Geistlichen, die sich voll und ganz zum Nationalsozialismus bekannten, „äußerst gering an Zahl“ seien und von ihren Mitbrüdern und vorgesetzten kirchlichen Behörden verfolgt würden. (Lagebericht Mai/Juni 1934)

Im Jahreslagebericht 1938 beklagt man, dass neben Kardinal Faulhaber und den Bischöfen Gröber und von Galen, die bereits als „gehässige Feinde des Nationalsozialismus“ bekannt seien, sich Weihbischof Sträter von Aachen „durch eine besonders hetzerische Darstellung des Kirchenkampfs“ hervorgetan habe und sich nicht scheute, „den Nationalsozialismus als satanische Macht zu bezeichnen.

Auch an den heiligen Stuhl wendet sich die NS-Regierung mit ihren Klagen, der Reichskanzler habe dem deutschen Episkopat die Hand entgegengestreckt, manche kirchliche Würdenträger ließen aber eine unberechtigte kritische Einstellung erkennen und viele jüngere Geistliche, besonders in Süddeutschland, machten aus ihrer Abneigung gegen das neue Reich kein Hehl.

Allein die Tatsache, dass eine sehr große Zahl der deutschen Katholiken gegen den Nationalsozialismus eingestellt war, legt nahe, dass der Klerus hier rege Aufklärungsarbeit geleistet hat. Dies soll durch weitere Artikel auf diesem Blog untermauert werden, die zeigen, was oft die Konsequenz solcher Aufklärung war: Haft unter schlechtesten Bedingungen, KZ oder Todesstrafe.

(Quelle: B.J.J. Visser, M.S.C. (Herz-Jesu-Missionare): Gewalt Gegen Gewissen, Verlag Johann Wilhelm Naumann, Würzburg, 1974, S. 143-150)