Dienstag, 21. Juli 2015

Martin Bormanns „Geheimerlass“

Bundesarchiv, Bild 183-R14128A / CC-BY-SA
Am 6./7. Juni 1941 wurde ein Geheimerlass der Parteikanzlei von Reichsleiter Martin Bormann (Hauptperson hinter dem Krieg gegen die Kirche im Warthegau) an alle Gauleiter herausgegeben, in dem die Unvereinbarkeit der nationalsozialistischen und der christlichen Weltanschauung hervorgehoben wird. Er dient als Antwort auf das Bestreben der sog. „Deutschen Christen“, eine Evangelische Reichskirche zu gründen.

Dieses Schriftstück, wenn auch von Lächerlichkeiten nur so strotzend, dient als wichtiges Dokument der antichristlichen Einstellung des NS-Regimes. Obwohl gegen das Christentum als Ganzes gewendet, sind die Seitenhiebe auf Papst und katholische Kirche häufiger. Msgr. Walter Adolph drückte sich so über dieses Schreiben aus: 



Was enthält an Gedankengut der Geheimerlass Bormanns? Verächtliche Worte über die christliche Religion, die aus jedem kommunistischem, antireligiösen Lehrbuch abgeschrieben sein könnten. Eine Ausdeutung der Kirchengeschichte des Mittelalters, welche die Spuren des Rosenbergschschen Geistes verrät. Hinzu kommen frivole Hiebe auf die göttliche Vorsehung, die jedem primitiven Freidenker Ehre machen. Es fehlen nicht einige pantheistische Hinweise auf Natur und Leben. Alles in allem eine grauenerregende Unkenntnis in Theologie und Geschichte. Und dieser Erlass kommt aus der Feder des Mannes, der nach Hitler die erste Stelle im ‚Großdeutschen Reich‘ einnahm.“ 

Dass Bormann nicht irgendwer, sondern die wichtigste Vertrauensperson Hitlers in den späteren Kriegsjahren war, sagte auch Hermann Göring bei den Nürnberger Prozessen aus: „Den entscheidenden Einfluss während des Krieges auf die Person des Führers, und zwar gerade vom Jahre ungefähr 1942 ab, nachdem Heß 1941 ausgeschieden war […], hatte Herr Bormann.

Schauen wir uns nun die wichtigsten Stellen des „Geheimerlasses“ an.

Zur Beziehung zwischen Nationalsozialismus und Christentum:

Nationalsozialistische und christliche Auffassungen sind unvereinbar. Die christlichen Kirchen bauen auf der Unwissenheit der Menschen auf und sind bemüht, die Unwissenheit möglichst weiter Teile der Bevölkerung zu erhalten, denn nur so können die christlichen Kirchen ihre Macht bewahren. Demgegenüber beruht der Nationalsozialismus auf wissenschaftlichen Fundamenten.“ (Eine ähnlich geistreiche Aussage – ohne den ersten und den letzten Satz – musste ich leider auch schon von einem Hochschulprofessor hören).

Vom Gottesbild der Nazis:

Wenn wir Nationalsozialisten von einer Gottgläubigkeit sprechen, dann verstehen wir unter Gott nicht, wie die naiven Christen und ihre geistlichen Nutznießer, ein menschenähnliches Wesen, das irgendwo in der Sphäre herumsitzt. […] Die naturgesetzliche Kraft, mit der sich alle diese unzähligen Planeten im Weltall bewegen, nennen wir Allmacht oder Gott.“ 
(Dies war wohl, was Msgr. Adolph als „pantheistische Hinweise auf Natur und Leben“ und „grauenerregende Unkenntnis in Theologie“ bezeichnete.)

Von der Beziehung des NS-Staates zur Kirche:


Alle Einflüsse, die durch den Führer mit Hilfe der NSDAP ausgeübte Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen könnten, müssen ausgeschaltet werden. Immer mehr muss das Volk den Kirchen und ihren Organen, den Pfarrern, entwunden werden.

Dass damit die Stellung des NS-Regimes zur Kirche mehr als deutlich zur Schau tritt, und dass sich diese Stellung während der gesamten Zeit des Dritten Reichs auch in der Tat zum Ausdruck kam, wird man nur leugnen können, wenn man gegen alle Fakten an einer Kollaboration der Kirche mit dem NS-Regime festhalten möchte.


(Quelle: Adolph, Walter: Im Schatten des Galgens, Morus-Verlag, Berlin, 1953, S. 14–18)