Dienstag, 19. November 2019

Der Kreuzweg der Steyler Missionsgesellschaft (Teil 2)

Rotationstiefdruck-Maschine in Steyl, im Krieg verschleppt, nachher zurückgewonnen


2. Vernichtung des Steyler Presseapostolats

Der Steyler Gründer erkannte in seinem Weitblick die große Bedeutung der katholischen Presse. Bereits bei der Eröffnung der Missionsdruckerei Steyl am 27. Januar 1876 sagte er: „In unseren Tagen ist die Presse eine Großmacht … Die Presse muss mit einem Schwerte verglichen werden, das man im Kampfe der Geister führt, und zwar soll durch die Presse die Sache des Guten gefördert werden.“

Die Nazis erkannten die große Gefahr, die die katholische Presse im weltanschaulichen Kampf bedeutete. Als die SS im Jahr 1941 das Mutterhaus im niederländischen Steyl besetzte, gaben sie der Missionsdruckerei den Namen „Hochburg der Katholischen Aktion“ – ein unabsichtlicher Ehrentitel.

Nach dem Einmarsch der Nazis in Holland im Jahr 1940 waren vorerst auch die Tage des Steyler Presseapostolats gezählt, nachdem im Reich bereits ab 1935 durch die „Anordnung zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens“ viele katholische Zeitschriften und Zeitungen eingestellt werden mussten.
In besonderer Weise wurde die deutschsprachige katholische Presse getroffen, als nun auch noch die drei wichtigsten Steyler Schriften eingestellt wurden: der „Steyler Missionsbote“, die „Stadt Gottes“, die beliebteste Familienzeitschrift im katholischen Deutschland, und der „St.-Michaels-Kalender“. Auch alle kleineren Zeitschriften wurden verboten.

Nicht nur konnten die Zeitschriften nicht mehr erscheinen – die Missionsdruckerei Steyl wurde beschlagnahmt und stillgelegt. Die Druckmaschinen wurden verschleppt oder verkauft, konnten aber nach dem Krieg zurückgeholt werden.

Auch in Steyl hinterließ der Kampf des NS-Regimes gegen die katholische Presse bleibende Spuren: Der „Steyler Missionsbote“ wurde nach dem Krieg nicht erneut herausgegeben.

(Quelle: 75 Jahre im Dienste des göttlichen Wortes, Steyler Missionsdruckerei 1950)

Montag, 18. November 2019

Der Kreuzweg der Steyler Missionsgesellschaft (Teil 1)

Glasfenster im Missionshaus St. Augustin bei Bonn



Nach einer Facebook-Diskussion mit einem amerikanischen Katholiken, der die NS-Regierung als „ziemlich tolerante sozialistische Regierung“ bezeichnete, griff ich zur Festschrift „75 Jahre im Dienste des göttlichen Wortes“ der Gesellschaft des göttlichen Wortes (besser bekannt als Steyler Missionsgesellschaft). Die gnadenlose und systematische Verfolgung der vom hl. Arnold Janssen gegründeten Ordensgemeinschaft allein beweist schon zur Genüge, dass von „ziemlich tolerant“ hier keinerlei Rede sein kann.

1. Systematische Untergrabung der Nachwuchsausbildung

In den Schulen für den Ordensnachwuchs mussten Teile der nationalsozialistischen Ideologie in den Lehrplan aufgenommen werden. Auch wurde von Ordensschülern die Teilnahme an Schulungskursen und -lagern verlangt, die von Parteimännern geleitet wurden. Die Ordensschule St. Johann im württembergischen Blönried war die erste, die geschlossen wurde, und das bereits 1936/37, sprich deutlich vor den großen Klosterstürmen in den Jahren ab 1940.

Die Schule St. Adalbert in der ostpreußischen Gemeinde Mehlsack wurde im Mai 1937 Zeuge eines Großeinsatzes der Polizei, die mit 40 Mann angerückt war, um die Schüler dazu zu drängen, ihre priesterlichen Erzieher unsittlicher Handlungen zu bezichtigen. Nachdem sich kein Schüler für derartige Verleumdungen hergab, wurde die Schule zunächst von den Behörden schikaniert und am 27. August 1937 wurde die Unterrichtserlaubnis allen Ordensgeistlichen der Schule entzogen. Am 1. April 1938 erfolgte die Schließung mit der Begründung, dass „die erforderlichen Lehrkräfte an der Schule nicht vorhanden“ sein.

Weitere Opfer der NS-Schulpolitik in den Jahren 1938 und 1939, entweder durch direkte Schließung oder durch Auflagen, die dasselbe Ergebnis verfolgten, waren die Schulen in Steyl, St. Peter in Tischenreuth, St. Paul in Wengenrohr und St. Bruno in Deutsch Krone.

Die Schulen wurden von der Regierung zu verschiedenen Zwecken umgewidmet, St. Adalbert war beispielsweise 1939 Reservelazarett, bevor es im folgenden Jahr eine NS-Bildungsanstalt beherbergte.

Das Missionspriesterseminar St. Augustin bei Bonn wurde am 4. August 1941 „staatspolizeilich gesichert“, alle verbleibenden Insassen – 522 Söhne des Hauses waren schon zum Wehrdienst eingezogen worden – mussten gehen. Am 27. März 1942 wurde mitgeteilt, dass der Reichsminister des Innern „den Grundbesitz des Hauses mit dem vorhandenen lebenden und toten Inventar zugunsten des Reiches eingezogen habe, weil das Vermögen des Hauses volks- und staatsfeindlichen Zwecken gedient habe und die Bestrebungen der Insassen des vorgenannten Hauses volks- und staatsfeindlich gewesen sein.“