Samstag, 1. November 2014

Der Krieg gegen die Kirche im Warthegau


Nach dem Sieg über Polen im Herbst 1939 wurden verschiedene Gebiete der Polnischen Republik dem Deutschen Reich einverleibt, darunter auch das Gebiet um Posen, das den Namen „Reichsgau Wartheland“ oder kurz Warthegau erhielt. Hier entfesselte sich der Kirchenkampf auf eine besonders extreme Weise. Msgr. Walter Adolph schreibt in seinem Buch Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers, dass das Warthegau ein „Mustergau der NS-Religionspolitik für alle Gaue des Großdeutschen Reichs“ werden sollte.

Treibende Kraft hinter der Verfolgung der Kirche im Warthegau war laut Adolph der Leiter der Reichskanzlei und Kirchenfeind Martin Bormann. So setzte dieser durch, dass dem Reichskirchenministerium, dem Reichsinnenministerium und dem Auswärtigen Amt jedes Mitspracherecht in der Kirchenpolitik des Warthegaus genommen wurde und für die Religionspolitik einzig und allein die Reichskanzlei zuständig war. Diese gab am 10. Juli 1940 ein Schreiben mit 13 Punkten heraus, die das kirchliche Leben im Warthegau fast unmöglich machte. So gab es laut diesem Dokument „keine Kirchen mehr im staatlichen Sinne, nur religiöse Kirchengesellschaften im Sinne von Vereinen“, es bestehe „keine Beziehung mehr zu Gruppen außerhalb des Gaues, auch keine rechtlichen, finanziellen oder dienstlichen Bindungen an die Reichskirche“. Mitglied dieser „Vereine“ konnten nur Volljährige werden, die zunächst eine schriftliche Beitrittserklärung abgeben mussten. Weiter durften Deutsche und Polen nicht mehr zusammen in die Kirche gehen. Die „Vereine“ durften außer dem Vereinsbeitrag keine Zuschüsse erhalten und ebenso wenig eigene Gebäude, Häuser, Felder oder Friedhöfe besitzen; nur der „Kultraum“ war gestattet. Wohlfahrtspflege wurde untersagt. Klöster und Stiftungen werden aufgelöst, da diese „der deutschen Sittlichkeit und der Bevölkerungspolitik nicht entsprechen“. Schließlich durften sich nur Geistliche aus dem Warthegau in den „Vereinen“ betätigen, die dies zudem nicht „hauptamtlich“ taten, sondern nebenbei einen Beruf brauchten.

Doch dies war noch lange nicht genug. Die Seelsorgsarbeit wurde durch den von Ermordung und Inhaftierung herbeigeführten Priestermangel noch zusätzlich erschwert. Der größte Teil der Erzdiözese Posen, in der am 1. September 1939 noch 681 Weltpriester und 147 Ordensmitglieder wirkten, gehörte zum Warthegau. Bereits am 1. Oktober 1941 waren davon 451 in Gefängnissen oder KZs, 120 wurden in das Generalgouvernement abgeschoben, 74 waren erschossen worden oder im Konzentrationslager umgekommen, 12 waren vermisst und 22 wurden an der Amtsausübung gehindert. Von 30 Kirchen in der Stadt Posen waren am 1. Oktober 1942 noch ganze zwei für Polen und eine für Deutsche vorhanden. 13 Kirchen wurden versiegelt, weitere wurden als Lagerhallen, Reit- oder Musikschulen missbraucht. In den Erzdiözesen Gnesen und Posen durften die verbleibenden Kirchen nur Sonntags von 9 bis 11 Uhr geöffnet werden, was bei dem großen Andrang auf die Sakramente wie Kindertaufe und Beichte den Priestern kaum noch Zeit ließ, die Messe pünktlich bis 11 Uhr zu beenden.

Die Proteste von Priestern, den deutschen Bischöfen und Nuntius Orsenigo beim Reichsstatthalter für den Warthegau, Arthur Greiser, fielen auf taube Ohren.

(Quellen: Anonymous [wohl Msgr. Johann Neuhäusler]: The Persecution of the Catholic Church in the Third Reich, Walter Adolph: Die katholische Kirche im Deutschland Adolf Hitlers)